Kollaps der Wellenfunktion

Als Kollaps der Wellenfunktion oder Zustandsreduktion wird die Veränderung eines quantenmechanischen Zustands bezeichnet, wenn an ihm eine physikalische Größe mit einem Messgerät gemessen wird. Der Kollaps der Wellenfunktion ist ein wichtiger Bestandteil der Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik und Gegenstand kontroverser Diskussionen.

Während durch den vor der Messung vorliegenden Zustand nur Wahrscheinlichkeitswerte für das Auftreten der verschiedenen Ergebnisse gegeben sind, die für diese Größe möglich sind (Eigenwert), nimmt das Objekt nach der Messung einen Zustand ein, der den gerade gemessenen Wert eindeutig festlegt (Eigenzustand). Diese Art der Zustandsänderung erfolgt nicht nach einer der deterministischen unitären Bewegungsgleichungen (Schrödingergleichung, Diracgleichung etc.).

Da angenommen wird, dass der Kollaps unstetig und augenblicklich stattfindet, bleibt unklar, wann und wie genau die Zustandsreduktion erfolgen soll und was ihre physikalische Ursache ist. Trotz intensiver Forschungsarbeit ist dies immer noch eine offene Fragestellung (Stand 2022). Es bleibt damit auch ungeklärt, inwieweit ein instantaner Kollaps der Wellenfunktion einen realen physikalischen Vorgang beschreibt, oder ob er nur als unvollständige Darstellung der tatsächlichen Vorgänge bei einer quantenmechanischen Messung interpretiert werden muss. Die vielverwendete Ausdrucksweise, die Zustandsreduktion geschehe bei dem Wechselwirkungsprozess des Objekts mit dem Messgerät, der die physikalische Grundlage der Messung ist, kann schon seit der frühen Diskussion und späteren Realisierung von Delayed-Choice-Experimenten und Quantenradierern als widerlegt gelten.

Bei der Beschreibung einer quantenmechanischen Messung ist auch der Effekt der Dekohärenz wichtig. Diese tritt insbesondere dann in Erscheinung, wenn der Einfluss der weiteren Umgebung auf das mikroskopische Objekt und das makroskopische Messinstrument, beispielsweise durch elektromagnetische und/oder gravitative Felder, berücksichtigt wird. Man geht dann von einer unitären Zeitentwicklung des Gesamtsystems aus Objekt und Messgerät aus. Die Dekohärenz macht verständlich, warum nach einer Messung keine weiteren quantenmechanischen Interferenzen mehr auftreten. Aber auch hier ist es ein ungelöstes Problem, die mit der einzelnen Messung einhergehende Auswahl eines konkreten Messergebnisses vorherzusagen.


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